Inhaltsverzeichnis:
Darfs ein bisschen mehr sein?
Hundeimpfungen unter die Lupe genommen.
Im Artikel Impfungen – ein schwieriges Thema bin ich auf die allgemeinen Punkte rund um die Thematik „Hunde und Katzen impfen“ eingegangen und habe euch auch die verschiedenen Begriffe noch einmal genau erklärt.
Im zweiten Teil habe ich die Impfungen für Katzen unter die Lupe genommen und hier dreht sich nun alles um die Impfungen für Hunde.
Hunde-Welpen
In den ersten Lebensmonaten sind Welpen generell noch sehr anfällig, ihr eigenes Immunsystem ist noch nicht richtig aufgebaut und die maternalen Antikörper (quasi eine Passivimpfung durch die Mama) bauen sich, wie bei allen Säugetieren, langsam ab. Die gefährlichste, weil eben ungeschütze Zeit durchleben die Kleinen zwischen der 5. Lebenswoche (maternale Antikörper sind meist abgebaut) bis zur 10.Woche (hier baut sich der Impfschutz erst langsam auf). Diese Zeit nennt man auch immunologische Lücke. Hinzu kommt, dass die Tiere im Welpenalter meistens viel massiver erkranken als dies später der Fall wäre.
Daher werden die Impfungen auch schon ab der 6. Lebenswoche (in gefährdeten Gebieten) bzw 8. Woche im Regelfall empfohlen. Man muss zudem wissen, dass auch geimpfte Hundewelpen erst durch die Wiederholungsimpfung nach einem Jahr wirklich geschützt sind. Auf die einzelnen Impfungen gehe ich später noch im Detail ein.
Welche Impfstoffe werden bei Hunden verwendet?
Es gibt wie auch bei den Katzen Einzel- und Kombi-Impfstoffe, wobei die Einzelimpfstoffe nur noch sehr selten verabreicht werden, der Trend der Tierärzte geht ganz klar zu den Kombi-Impfstoffen. Ein Blick in den Impfpass zeigt häufig nur noch eine Auflistung verschiedener Buchstabenkombinationen.
Hier die Auflösung des Rätsels:
S oder D = Staupe
A2 oder H = Hepatitis
P = Parvovirose
Pi = Parainfluenza (Zwingerhusten)
Bb = Bordatella bronchiseptica
L = Leptospirose
C = Canines Coronavirus
Borreliose = Borreliose
Babesiose = Babesiose
T = Tollwut
Viele Experten raten dazu, wieder vermehrt Einzelimpfstoffe zu verwenden und diese auch an unterschiedlichen Körperstellen zu injizieren. Dies ist für den Organismus des Hundes in der Regel besser verträglich.
Gerade die 6-fach Impfung (Staupe, Hepatitis, Parvo, Zwingerhusten, Leptospirose und Tollwut) ist aufgrund der häufigeren Nebenwirkungen hier abzulehnen. Zumal sich die Frage stellt, ob Zwingerhusten oder auch Tollwut überhaupt geimpft werden muss. Eine 2er Kombi (Staupe-Parvo) oder 3er Kombi (Staupe-Parvo-Hepatitis) wäre hier die verträglichere Variante.
Da sich die Angebot der Impfstoffe immer wieder ändern und es einige Impfstoffe, wie beispielsweise Staupe gar nicht mehr einzeln gibt, solltest du dich hier vorab noch einmal informieren.
Natürlich gibt es auch bei den Hundevakzinen Lebend- und Totimpfstoffe, hierzu findet ihr hier genauere Informationen.
Achtung: Wenn ungeimpfte Tiere im Haus sind, rate ich dringend von Lebendimpfstoffen ab, da die frisch geimpften Tiere den oder die Erreger ausscheiden und andere Tiere infizieren können.
Ab welchem Alter soll geimpft werden?
Was ist eine Grundimmunisierung?
Grundsätzlich empfehle ich GESUNDE Welpen mit 8 Wochen das erste Mal gegen Parvovirose und Staupe und Leptospirose zu impfen, um die immunologische Lücke so kurz wie möglich zu halten.
Wichtig ist, dass die Tiere zum Impftermin topfit sind, sonst lieber etwas warten, das Risiko einer Erkrankung bzw auch einer Unwirksamkeit der Impfung (Impfdurchbruch) wäre zu hoch.
Diese Impfung wird mit 12 Wochen nochmals aufgefrischt, um den Impfschutz sicher zu stellen. Hintergund: Eventuell können noch vorhandene maternale Antikörper den Impfschutz mit 8 Wochen boykottieren. Viele Tierärzte empfehlen mittlerweile eine wiederholte Auffrischung mit 16 Wochen. Dies würde ich aber vom Infektionsrisiko abhängig machen.
Abgeschlossen ist die Grundimmunisierung dann mit einer wiederholten Impfung nach 12 Monaten.
Wie lange hält der Impfschutz an?
Auf diese Frage bin ich hier schon einmal eingegangen. Es gibt verschiedene Studien, vorzugsweise aus USA, die beispielsweise bei Staupe und Hepatits wie auch beim Parvovirus einen Impfschutz auch nach 7 Jahren noch bestätigt haben.
Offizielles Impfschema des Bundesverbandes für Tierärzte in BRD
Grundimmunisierung
8 Wochen Parvovirose,Staupe, Leptospirose, (HCC)
12 Wochen Parvovirose,Staupe, Leptospirose, (HCC + T)
16 Wochen Parvovirose, Staupe, (HCC)
15 Monate Parvovirose,Staupe, Leptospirose, (HCC + T)
Auffrischungen
Tollwut je nach Impfstoff alle 3 Jahre
Leptospirose jährlich
Staupe alle drei Jahre
HCC alle drei Jahre
Parvovirose alle drei Jahre
Ihr seht, die offiziellen Empfehlungen weichen sehr stark von verschiedenen Studien ab, daher solltet ihr euch hier ein eigenes Bild machen und danach handeln. Viele Tierärzte sind bei diesem Thema durchaus gesprächsbereit. Die Impfung gegen Zwingerhusten beispielsweise halten auch Tierärzte unter Umständen für unnötig.
Die einzelnen Impfungen im Detail:
Staupe (Canine Distemper Virus)
Bei der Staupe handelt es sich um eine hochansteckende Infektionskrankheit, die in vielen Fällen tödlich verläuft. Die Infektion erfolgt durch direkten Kontakt, eine Übertragung durch Kleidung und Schuhe ist eher unwahrscheinlich, da das Virus nicht sehr widerstandfähig ist.
Achtung: Auch Tiere, die eine Staupeinfektion überleben, leiden oft ein Leben lang an den oft dramatischen) Folgen. Hier sind vor allem zentralnervöse Störungen (Staupe-Tick) und Hyperkeratose (Verhornungen) an den Ballen zu nennen. Meist erkranken Junghunde im Alter zwischen drei und sechs Monaten. Übrigens: Auch die Robbenpest wird wie die Staupe durch Paramyxoviren ausgelöst (SeeHUND).
Auffrischungen: Da Studien auch nach 7 Jahren noch auf einen Impfschutz hinweisen, würde ich definitiv keine Auffrischung alle drei Jahre empfehlen (bei abgeschlossener Grundimmunisierung!).
Meine Empfehlung: Nach 5 und 9 Jahren boostern – Sofern das Tier unter einer chronischen Krankheit leidet, kann man über die zweite Boosterungen nachdenken und eine Risiko-Nutzen-Einschätzung vornehmen.
Hepatitis (Hepatitis contagiosa canis, kurz HCC)
HCC ist eine hochgradig ansteckende Virusinfektion, im Gegensatz zum Staupevirus ist diese Virusart auch sehr widerstandsfähig.
Auch wenn HCC nicht mehr allzu häufig vorkommt, solltest du wissen, dass eine Infektion auch bei erfolgreicher, meist stationären Behandlung eine chronische Leberentzündung zur Folge haben kann. Leider verläuft diese Erkrankung aber auch oft tödlich, vorallem bei einem geschwächten Immunsystem.
Meine Empfehlung: Auch in Risikogebieten reicht eine komplette Grundimmunisierung in meinen Augen aus – hierzu bitte vor Ort informieren.
Parvovirose
Neben Staupe für mich die wichtigste Impfung für Hunde. Das Parvovirus kann einige Jahre in der Umwelt überleben und ist daher hochgefährlich. Zudem ist Parvovirose relativ weit verbreitet und endet oft tödlich. Gefährdet sind auch hier Welpen ab einem Alter von etwa vier Wochen bis zu einem Jahr. Die Übertragung erfolgt in den allermeisten Fällen über den Kot, Wissenschaftler gehen davon aus, dass ein Gramm Kot bis zu einer Million Hunde infizieren kann. Lebenslange Schäden und Immundefizite sind die Folgen einer Parvoinfektion, sofern das Tier überlebt hat.
Meine Empfehlung: Nach 5 und 9 Jahren boostern – Sofern das Tier unter einer chronischen Krankheit leidet, kann man über die zweite Boosterungen nachdenken und eine Risiko-Nutzen-Einschätzung vornehmen.
Leptospirose (Stuttgarter Hundeseuche)
Die Leprospirose verdient unsere besondere Aufmerksamkeit, da diese auf den Menschen übertragbar (Zoonose) ist. Die bakterielle Erkrankung verläuft oft tödlich, ist unter dem Namen „Weil-Krankheit“ im Humanbereich bekannt und unterliegt der Meldepflicht.
Die Ansteckung erfolgt meist über das Beschnuppern der Tiere untereinander, da der/die Erreger in den meisten Fällen über den Urin ausgeschieden werden. Je nach Allgemeinzustand der erkrankten Tiere kann sie leider durchaus auch tödlich verlaufen. Chronische Nieren- und Milzschäden machen den überlebenden Tieren das Leben schwer.
Dennoch muss man wissen, dass die Impfung gegen Leptospiren leider oft schlecht vertragen wird, deshalb wirklich ganz genau auf den Gesundheitszustand des Impflings achten, um das Risiko so gering wie möglich zu halten.
Achtung: Ältere Impfstoffe wirken oft nur gegen zwei Erreger (Canicola und Icterohaemorrhagiae), die neueren Seren decken auch die Stämme Grippothyphosa und Bratislava mit ab.
Meine Empfehlung: Nach 5 und 9 Jahren boostern – Sofern das Tier unter einer chronischen Krankheit leidet, kann man über die zweite Boosterungen nachdenken und eine Risiko-Nutzen-Einschätzung vornehmen.
Tollwut
Vorweg sei gesagt, dass Deutschland seit 2008 als tollwutfrei gilt. ABER: Es reicht der reine Verdacht, dass ein Tier an Tollwut erkrankt ist, damit es getötet werden muss. Tollwut ist eine meldepflichtige Tierseuche. Eine Nachimpfung ist im Verdachtsfall nicht möglich. Allerdings ist die Gefahr in Deutschland aktuell sehr gering. Manche Tierärzte argumentieren damit, dass nur die terrestrische Tollwut in Deutschland als ausgestanden gilt, nicht aber die Fledermaus-Tollwut. Dem kann man entgegnen, dass die Fledermaus-Tollwut extrem selten ist und es für Hunde oder Katzen noch keinen einzigen beschriebenen Fall bei uns gibt. Etwas größer ist bei beiden Tollwut-Arten das Risiko, dass Tiere aus dem Ausland die Infektion (wieder) einschleppen.
Auffrischung: Das kommt auf den Impfstoff an, ich würde in jedem Fall auf den 3-Jahres-Impfstoff in der adjuvansfreien Variante bestehen.
Meine Empfehlung: Nach einer genauen Risiko-Nutzen-Abwägung würde ich gegen Tollwut nur impfen, wenn dein Hund besonders gefährdet ist (Jagdhunde beispielsweise) oder auf Reisen geht, da es sich beim Grenzübertritt um eine Pflichtimpfung handelt. Ebenso verlangen viele Tierpensionen, Vereine und auch Ausstellungsrichtlinien eine gültige Tollwutimpfung.
Wenn du in einem tollwutgefährdeten Gebiet (meist Grenzgebiete) lebst, solltest du eine Impfung aufgrund der Tötungspflicht dennoch in Erwägung ziehen, auch wenn das Risiko sehr gering ist.
Canines Herpesvirus (CHV)
Die Infektion beim erwachsenen Hund verläuft so unspektakulär, dass sie vom Besitzer oft gar nicht bemerkt wird, in allen anderen Fällen ist sie meist gut zu behandeln.
Hunde in Zuchten oder größeren Beständen sind eher gefährdet. Bei Zuchthündinnen wird das Canine Herpesvirus in einigen (wenigen) Fällen für Fehl- und Totgeburten verantwortlich gemacht.
Das Virus wird über Maul, Nase und beim Deckakt übertragen.
Meine Empfehlung: Eine Impfung kann bei Zuchthündinnen, die noch keine Herpes-Antikörper haben in Erwägung gezogen werden. Aber auch hier rate ich zu einer genauen Risikoabwägung, da der Impfstoff aufgrund seiner Adjuvantien leider oft zu Impfreaktionen führt.
Zwingerhustenkomplex
Wie der Name bereits vermuten lässt, handelt es sich beim Zwingerhustenkomplex um eine Vielzahl von Erregern. Im Impfstoff sind drei Stämme enthalten (Bordatella bronchoseptika, Parainfluenzavirus und das canine Adenovirus).
Der sogenannte Zwingerhusten tritt vorrangig in größeren Beständen wie beispielsweise in Tierheimen auf und auch wenn es vereinzelt zu Todesfällen gekommen ist, kann man diese Erkrankung in der Regel gut behandeln. Es sind keine chronischen Spätfolgen zu befürchten. Bei einer normalen Hundehaltung in Privathaushalten ist die Gefahr einer Ansteckung sehr gering.
Meine Empfehlung: Diese Impfung würde ich aus den oben genannten Gründen nicht empfehlen.
Borreliose
Borrelien sind Bakterien, die durch Zecken übertragen werden und sich durch Probleme im Bewegungsapparat bemerkbar machen. Zudem werden unspezifische Symptome wie Mattigkeit, Appetitlosigkeit und Fieber beschrieben. Allerdings gibt es keine belastbaren Studien, dass all diese Beschwerden auf die Borrelieninfektion zurückzuführen sind. Der Impfstoff ist auch unter Tierärzten sehr umstritten, da er nur gegen eine Borrelienart (B.B. senso stricto) schützt. Diese Art kommt in Deutschland aber kaum vor.
Meine Empfehlung: Diese Impfung würde ich aus den oben genannten Gründen nicht empfehlen, die beste Vorbeuge gegen Borreliose ist eine gute Zeckenprophylaxe.
Babesiose (Hundemalaria)
Auch die Babesiose gehört zu den durch Zecken übertragenen Krankheiten. Bis vor einigen Jahren galt die Babesiose als klassische Reisekrankheit, mittlerweile wurde sie aber auch in Deutschland nachgewiesen. Das liegt an der Einwanderung der Auwaldzecke und der Braunen Hundezecke. Auch die Babesiose zählt zu den Zoonosen, d.h. auf Menschen übertragbare Krankheiten, auch wenn dies sehr selten ist.
Babesiose ist bei rechtzeitiger Diagnose gut behandelbar, allerdings muss das dafür nötige Medikament (Carbesia) importiert werden. Einige Tierärzte und vor allem Tierkliniken haben aber einen Vorrat, um sofort handeln zu können. Das größere Problem liegt in der Diagnose-Stellung, da Babesiose leider oft nicht oder zu spät erkannt wird. In diesem Fall kann die Erkrankung gerade bei geschwächtem Immunsystem auch tödlich verlaufen. Das Leishmaniosezentrum (www.leishmaniose-hund.de) gibt hier besorgten Tierhalten Auskunft und kann auch sagen, wo das lebensrettende Medikament vorrätig ist.
Meine Empfehlung: Diese Impfung kann ich dennoch nicht empfehlen, da es keine belastbaren Zahlen über die Wirksamkeit des Impfstoffes gibt, die beste Vorbeugeist auch hier eine gute Zeckenprophylaxe.
Giardien und Pilzinfektionen
Beide Impfungen werden auch von Tierärzten nicht empfohlen, da die Wirksamkeit nicht erwiesen ist und im Fall der Giardienimpfung das Serum in Deutschland nicht zugelassen ist.
Tetanus
Verantwortlich für den Wundstarrkrampf ist das Bakterium Clostridium tetani, welches nerventoxisch wirkt. Bei Hunden und Katzen verläuft die Krankheit aber im Gegensatz zu Menschen (und Pferden!) wesentlich milder und ist gut zu behandeln, daher wird auch diese Impfung in Deutschland nicht empfohlen.
Worauf solltest du beim Thema Impfen sonst noch achten?
- Dein Hund muss vor der Impfung 100%ig gesund und frei von Parasiten sein
- 10 Tage vor dem Impftermin sollte sie entwurmt oder eine Kotuntersuchung auf Darmparasiten durchgeführt werden
- Die Impfung sollte zu einem stressfreien Zeitpunkt stattfinden
- Bei älteren oder chronisch kranken Tieren würde ich die Risiko-Nutzen-Analyse noch kritischer angehen
- Einzelimpfungen sind Kombiimpfungen meist vorzuziehen
- Nach Möglichkeit auf adjuvansfreie Seren achten (Tollwut, FeLV)
- Um das Risiko von Impfsarkomen vorzubeugen, sollte an verschiedenen Körperstellen geimpft werden. Generell nicht zwischen den Schulterblättern, da man im Falle eines Tumors hier schlecht operieren kann. Impfsarkome sind leider kein reines Katzenproblem mehr.
Ich empfehle meinen Patienten zudem eine Gabe Thuja C30 direkt nach der Impfung, da ich die Erfahrung gemacht habe, dass die Impfungen so wesentlich besser vertragen werden.
In den Tagen nach der Impfung solltest du deinen Hund gut beobachten. Wenn an der Impfstelle ein kleiner Knoten entsteht, bitte nicht gleich in Panik verfallen, aber die Stelle im Auge behalten. Sollte die Verdickung nach 4-6 Wochen noch spürbar sein, stell deinen Hund bitte nochmal in der Praxis vor.
Dieser Artikel ist nach bestem Wissen und Gewissen geschrieben, weicht zum Teil aber deutlich von der Deutschen Impfrichtlinie ab. Jeder muss für sein Tier selbst entscheiden, wie er mit dem Thema Impfungen umgeht, denn eine gesetzliche Impfpflicht für Hunde gibt es in Deutschland nicht.
Wenn ihr Fragen zum Thema habt, schreibt mir einfach!
Liebe Grüße
Susanne