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Hund trifft Wolf – Freund oder Feind?
Alle Hunde stammen vom Wolf ab – das ist Fakt. Aber würde sich der wilde Bruder mit seinem domestizierten „Artgenossen“ heute wirklich noch verstehen?
Schauen wir in die Vergangenheit: Der Hund ist das erste vom Menschen domestizierte Tier, seine Entwicklung vom Wolf begann vor 20.000 – 40.000 Jahren. Prähistorische Knochenfunde, die in der Goyet-Höhle bei Namur (Belgien) entdeckt wurden, belegen diese Zahlen. Noch heute streiten sich Wissenschaftler, wie genau aus dem Raubtier Wolf der beste Freund des Menschen wurde. Studien und DNA Untersuchungen der Universität Oxford belegen, dass die Entwicklung in Europa und Ostasien parallel stattgefunden haben muss.
Katzen haben sich im Übrigen selbst domestiziert, da sie sich in erster Linie von Mäusen ernähren. Sie haben sich den Menschen angeschlossen, da es in deren Getreidekammern doch reichlich Beute für sie gab. Dies machten sich die Menschen wiederum zu Nutze und duldeten die fleißigen Jäger in ihrer Nähe.
Was haben Hund und Wolf heute noch gemeinsam?
- Genetische Übereinstimmung 99,7 – 99,9 %
- Lateinischer Name Canis lupus (Wolf) und Canis lupus familiaris (Hund)
- Körperbau: 13 Rippenpaare, 42 Zähne und einen außergewöhnlichen Hör- und Geruchssinn
- Beides sind Rudeltiere, die sich in erster Linie von Fleisch ernähren, wobei sich der Wolf als reiner Fleischfresser (Carnivor) vom Hund als Allesfresser (Omnivor) bereits unterscheidet.
- Beide verfügen über einen Jagdtrieb (Hetzjagd), beim Hund wurde hier aber durch gezielte Zucht der Jagdtrieb bei den meisten Rassen „weggezüchtet“
- Verhalten: Bevor sich der Hund beispielsweise niederlegt, dreht er sich mehrmals um die eigene Achse. Dabei verhält sich der Hund instinktiv wie sein Vorfahre, der vor dem Hinlegen die Fläche glatt tritt.
Wo liegen die Unterschiede zwischen Hund und Wolf?
- Hunde leben in Beziehung zum Menschen oder in lockeren Gruppen (Rudeln), während der Wolf in der Regel in seinem festen Familienverband bleibt
- Der Körperbau der Hunde passte sich durch gezielte Zucht den Vorstellungen des Menschen an, es entstanden verschiedenen Rassen, die rein optisch mit dem Wolf oft nichts mehr gemeinsam haben
- Hunde haben im Laufe der Entwicklung viele Verhaltensweisen der Menschen adaptiert, sie werden vom Wolf nicht als „Wolf“ gesehen und schon gar nicht als solcher verstanden. Im schlimmsten Fall werden kleine Hunde eher als Beutetier gesehen.
- Unsere Hunde sind (im Idealfall) zutraulich, aufmerksam und folgen ihrem Menschen – der Wolf ist scheu, vorsichtig und dem Menschen gegenüber eher ängstlich und zurückhaltend.
Wie klappt es mit der Kommunikation zwischen Wolf und Hund?
Bellen
Wölfe verständigen sich über Körperhaltung, Geruch und Mimik, nur Welpen bellen ihre Eltern an, um Futter zu bekommen. Ein ausgewachsener Wolf bellt nur, um Feinde anzuzeigen. Dieses Verhalten kennen wir nur noch von Herdeschutzhunden, die der Wolf auch heute noch versteht.
Unsere Hunde bellen aus Freude, um Futter zu erbetteln oder auch einfach mal aus Spaß und Übermut. Ein begeistertes Willkommensgebell auf der Hundewiese wäre für einen Wolf eine klassische Kampfansage mit ungewissem Ende.
Mimik
Die „Sprache“ funktioniert beim Wolf über die Gesichtsmuskulatur, die Stellung der Ohren und Augen sowie über die Körperhaltung. Viele heutige Hunderassen haben Mini- oder Schlappohren, die sie nicht entsprechend bewegen können.
Ein Wolf hat in etwa 60 verschiedene Mimiken, um zu kommunizieren, davon ist beispielsweise beim Mops nicht mehr viel übrig.
Körpersprache
Mit einer aufgerichteten Rute zeigt der Wolf deutlich an, dass eine Grenze erreicht ist. Ein Hund mit Stummelschwanz oder sogar kupiertem Schwanz kann diese Signale nicht mehr deutlich senden und es kommt zu Missverständnissen
Fortpflanzung
Eine paarungsbereite Wölfin nimmt die meisten Haushunde nicht als reife Geschlechtspartner wahr, da deren Verhalten an einen Jungwolf erinnern. Daher ist eine Paarung eher unwahrscheinlich.
Allerdings paaren sich Wölfe im Gegensatz zu unseren Hunden nie mit Familienmitgliedern, hier hat die Natur eine Inzestsperre verhängt.
Bevor eine läufige Wölfin sich mit ihrem Bruder paart, würde sie wohl doch auf einen Hund als Sexualpartner ausweichen. Welpen aus einer solchen Verpaarung haben in der freien Wildbahn aber kaum Überlebenschancen.
Wenn Wolf und Hund sich nun begegnen…
..kann es schnell zu gefährlichen Missverständnissen kommen!
Denn unsere Hunde verstehen die Warnungen des Wolfes meist nicht oder sie nehmen sie einfach nicht ernst.
Der Wolf verteidigt sein Territorium um jeden Preis, sein Revier – seine Nahrung – seine Fortpflanzung.
Spielerische Raufereien unter Hunden, bei denen Herrchen einschreitet und oft sogar hilft, wenn es zu grob wird, sind dem Wolf fremd. Für ihn gilt die Prämisse: Alles oder nichts.
Ein Hund, der „freundlich bellend“ auf seinen „großen Bruder“ zuläuft, bezahlt dies im schlimmsten Fall mit dem Leben. Und dennoch kommt es selten zu Konflikten zwischen den beiden Artgenossen, wenn sich der Mensch richtig verhält. Ein angeleinter Hund signalisiert dem Wolf keine Gefahr, da er die Nähe des Menschen riecht, er wird sich zurückziehen. Ein Jagdhund, der im Wald alleine das Wild stellt, hat hier schlechtere Karten.
Fazit: Grundsätzlich ist der Wolf ein scheues und damit relativ ungefährliches Wildtier.
Dennoch darf man nicht vergessen, dass er ein Raubtier ist. In Rückzugsgebieten von Wölfen haben freilaufende Hunde schlicht nichts verloren.
Aber der Wolf ist auch keine mordende Bestie, als die er von Wolfshassern gern dargestellt wird. Angemessenes Verhalten und Respekt vor dem Graubart sind die Grundlage für ein friedliches Miteinander. Dass ein Wolf von sich aus einen Menschen angreift, gehört eher ins Reich der Legenden. Dies würde er nur tun, wenn er sich bedroht fühlt und sich verteidigen muss.
Liebe Grüße
Susanne