Barfen ist toll, aber kein Muss!
Einige Patiententermine bleiben einem besonders im Gedächtnis, wie dieser hier: Der Gund meines Besuches war eine chronische Ohrentzündung, die laut Tierarzt durch eine „Allergie“ gegen das bisher gegebene Futter ausgelöst wurde. Da auch das vom Tierarzt empfohlene und sofort verkaufte „Premium-Futter sensitiv – für sensible Hunde“ keinerlei Besserung brachte, sollte ich helfen.
Noch bevor ich mich vorstellen konnte, sagte man mir: „Wir wollen aber AUF GAR KEINEN FALL barfen!“
Öhm… aha, okay…. Hatte ich irgendwo den Eindruck erweckt, dass sämtliche gesundheitliche Probleme nur mit barfen zu lösen seien? Ich war jedenfalls leicht verwirrt. Der Termin wurde dann aber sehr nett, sehr aufgeschlossen und heute geht es dem Hund ganz ausgezeichnet. Tatsächlich völlig ohne „Barf“.
Inhaltsverzeichnis:
Vorurteile bei Ernährungsberatungen
Leider gehen mittlerweile viele Tierbesitzer automatisch davon aus, dass Ernährungsberatung für Hunde und/oder Katzen immer mit einem BARF-Plan endet. Jede Ernährungsberaterin ist praktisch unweigerlich eine militante Anhängerin der angeblich einzig wahren Ernährung: „B.A.R.F. (Abkürzung für Biologisch Artgerechte RohFütterung)“.
Dies ist wahrscheinlich genauso aneinander gekoppelt wie das Phänomen, dass ein „Tierheilpraktiker“ immer mit kleinen weißen Zuckerkügelchen (den Globuli aus der Homöopathie) um sich wirft, die letztendlich doch nichts bringen.
Kurz zur Erklärung: das Barfen, also grob umschrieben die Ernährung mit rohem Fleisch, ist genausowenig einziger Bestandteil einer vernünftigen Ernährungsberatung wie die Homöopathie bei ausgearbeiteten Therapievorschlägen.
BARF – Ja oder Nein?
Mein eigener Hund wird gebarft, keine Frage. Allerdings auch nur, weil er es verträgt, er es begeistert frisst, ich selber keinen Ekel vor rohem Fleisch habe.
Und weil ich bereit war, mich mit dieser Thematik auseinander zu setzen und zu akzeptieren, dass man es mit dieser Ernährung nicht immer bequem hat und auch einiges zu beachten ist.
Diese Punkte treffen aber nicht auf alle Patientenbesitzer zu, manchmal ist es einfach auch nicht umsetzbar und das ist völlig in Ordnung.
Nicght jedes Tier verträgt die Ernährung mit Rohfleisch.
Dies findet man in der Regel nur durch Ausprobieren heraus.
Denn ein Hund, der regelmäßig Beschwerden von der Rohfleischfütterung hat, sollte einfach anders ernährt werden.
Dann gibt es auch noch Tiere, die sich schlicht weigern, einen Napf mit rohem Fleisch auch nur anzusehen. Besonders Katzen sind, wenn sie eine längere Zeit mit Fertigfutter ernährt wurden, sehr häufig schwer von BARF zu überzeugen. Lieber verhungern sie buchstäblich vor dem vollem Napf.
Der Tierhalter
Wenn jemand bei der Zubereitung der Tiermahlzeit regelmäßig in Ohnmacht fällt, weil er kein Blut sehen kann oder sich unglaublich ekelt, kann einfach nicht verlangt werden, dass dieser jemand bitte trotzdem gefälligst täglich mit kiloweise totem Futtertier hantiert.
Auch der Zeit- und Kostenfaktor ist zu beachten.
Barfen ist zwar bei weitem nicht so aufwändig und teuer, wie einige behaupten, aber es setzt durchaus voraus, dass man bereit ist, ein wenig Zeit, Geld und Wissen in die Ernährung seines Tieres zu investieren, um nichts falsch zu machen. Wer sich das nicht zutraut, ist mit einem ausgewogenen guten Fertigfutter ganz sicher besser bedient.
Eine verantwortungsvolle Ernährungsberatung sollte folgende Punkte berücksichtigen:
- Wie stellt sich der Tierhalter die Ernährung seines Tieres vor?
- Welche Krankheiten liegen evtl. zugrunde?
- Wie futtertolerant ist das Tier selbst?
- Aufklärung über die verschiedenen Ernährungsformen, mit allen Vor- und Nachteilen
- Auf Wunsch Ernährungspläne zum Barfen oder Selberkochen
Man sollte Barfen nicht als die einzige Möglichkeit präsentieren, den Hund oder die Katze vernünftig und gesund zu ernähren.
Die Möglichkeiten einer passenden Ernährung – und zwar für Tier UND Halter – sind vielfältig und hierfür sollte man sich Zeit nehmen.
Aber: Eine (grundlose) vegane Ernährung von Hunden oder Katzen lehne ich strikt ab. Man muss sich entscheiden, ob man einen Fleischfresser als Familienmitglied haben möchte oder nicht. Wenn die Entscheidung für einen Hund oder eine Katze gefallen ist, müssen die Tiere auch artgerecht ernährt werden!
Für diesen Artikel bedanke ich mich bei meiner Kollegin Katharina Eichen. Katharina ist Tierheilpraktikerin und Tierphysiotherapeutin in 53902 Bad Münstereifel. www.tierheilpraxis-eichen.de