Zwangsstörungen bei Hund und Katze
Zwangsstörungen (Abnormal repetitive Verhaltensweisen, kurz ARV) schränken die Lebensqualität von Tieren und damit auch ihrer Besitzer meist stark ein.
Daher ist möglichst frühzeitiges Handeln sehr wichtig. Hier hilft ein entsprechend ausgebildeter Verhaltenstherapeut. Leider werden besorgte Besitzer immer noch viel zu oft entweder nicht ernst genommen oder das Tier wird sehr schnell mit Psychopharmaka ruhiggestellt. Manchmal geht es leider nicht anders, aber einen Versuch sollten alternative Möglichkeiten immer wert sein! Auch im homöopathischen Bereich gibt es hier einige erfolgversprechende Ansätze.
Inhaltsverzeichnis:
Ab wann spricht man von einer Zwangsstörung?
Wiederholtes „sinnfreies“ Verhalten sollte dich als Tierbesitzer immer aufmerksam werden lassen. Dazu gehören beispielsweise:
- Übertriebene Fellpflege bis zum Wundlecken (Leck-Dermatitis)
- Abnormes Jagdverhalten, wie Schwanzjagen bis hin zur Selbstverstümmelung
- Fliegenschnappen
- Saugverhalten, Nuckeln an Gegenständen
- Alles stereotypen Bewegungsmuster, wie ewiges „Im-Kreis-Laufen“
- Katzen: Felines Hyperästhesie Syndrom (FHS)/Rolling Skin Syndrome (RSS)
Auffällig dabei ist, dass sich die Tiere nur sehr schwer von ihrem Verhalten ablenken lassen.
Auslöser von Zwangsstörungen
Zwangsstörungen entwickeln sich oft aus Angst oder/und Stress.
Gerade Übersprungshandlungen, die ihren Ursprung in einer stressigen Situation haben, stehen hier im Fokus.
Dazu passt, dass besonders aktive, aber auch besonders ängstliche Tiere vermehrt mit ARV zu kämpfen haben. Weitere Gemeinsamkeiten sind eine Kinderstube ohne Reize von außen (Welpen-/Kittenzimmer!) und Langeweile.
Aber auch Rassedispositionen (v.a. bei Hunden) konnten in Studien festgestellt werden. Besonders betroffen: Deutscher Schäferhund, Boxer, Labrador, alle Retriever, Terrier und natürlich alle entsprechenden Mixe. Bei den Katzen fallen die Orientalen und Bengalen etwas häufiger auf.
Diagnose
Eine gründliche medizinische Untersuchung sollte der erste Schritt sein, auch neurologische Tests, ein großes Blutbild sowie bei allen Haut- und Fellauffälligkeiten ein Besuch beim Dermatologen gehören dazu.
Wenn diese Befunde alle negativ sind, solltest du einen Verhaltenstherapeuten aufsuchen. Hier ist es besonders wichtig, dass du in einem ausführlichen Anamnesegespräch detailliert über dein Tier und alle Besonderheiten berichten kannst. Videoaufnahmen sowie Notizen und Tagebücher (Uhrzeit, Aktivität, besondere Umstände…) sind von großem Wert. Um versteckten Parallelen auf die Schliche zu kommen, empfiehlt sich auch ein Futtertagebuch, auch Leckerlies solltest du hier akribisch aufführen.
Therapiemöglichkeiten bei ARV und Zwangsstörungen
Eine erfolgreiche Behandlung kann nur funktionieren, wenn alle zusammenhelfen! Tierarzt, Verhaltenstherapeut, Tierheilpraktiker sowie natürlich du als Tierbesitzer.
Ein Appell vorweg: Strafen helfen hier nicht, sie verstärken nur das Problem. Aber auch übertriebene Fürsorge mit Beruhigen und Streicheln verschlimmern eher die Situation.
- Routine – ein geregelter Tagesablauf, mit regelmäßigen Fütterungs- und (bei Hunden) Gassizeiten, hilft vor allem gestressten Tieren
- Psychische und physische Auslastung – die Tiere müssen in vernünftigem Maß gefordert werden. Denkspiele, Clicker-Training, Geschicklichkeitstraining sind genauso wichtig wie körperliche Auslastung. Auch Wohnungskatzen kann man mit Ball- und Federspielen zu ausreichender Bewegung verhelfen.
- Erregungsspitzen minimieren – je nach Ausprägung der Störung für einen gewissen Zeitraum Menschenmengen, viele Besucher, Parties und ähnliche Stressoren meiden. Das heißt aber nicht, das Tier zu isolieren. Normaler Alltag gehört dazu.
- Desensibilisierungs-Maßnahmen wie Schusstraining und ähnliche Aktivitäten (Hundeschule!)
Medikamente
Neben Psychopharmaka (Hier kommen in erster Linie sogenannte selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) wie Sertralin oder trizyklische Antidepressiva wie Clomicalm zum Einsatz) gibt es durchaus auch sanftere Möglichkeiten wie Bachblüten, Homöopathie und einige Andere.
Ein Sonderfall ist die fokale Epilepsie, auch diese kann zu einer Art Zwangshandlungen führen, muss aber anders behandelt werden.
Eine ausführliche Anamnese ist die einzige Möglichkeit, das eine vom anderen abzugrenzen. Denn körperliche Ursachen können in den meisten Fällen auch bei der fokalen Epilepsie nicht festgestellt werden.
Was kannst du selbst tun?
Manchmal lässt sich ein Auslöser definieren, hier kommen auch die Veränderungen im Umfeld wie Umzug, Geburt eines Kindes, Verlust eines Partners in Betracht. (Schau dir hierzu auch mal den Artikel „Depressionen“ an).
Aber auch positiv belegte Stresssituationen wie „besonders toller Besuch“ können der Hintergrund für Zwangsstörungen sein. Das Tier weiß schlichtweg nicht wohin mit seiner überschießenden Energie.
All diese Situationen kannst du entschärfen, indem du gezielt auf dein Tier eingehst, Situationen vorbereitest (z.B. Austoben vorm Besuch) und dir schnell Hilfe suchst, wenn etwas aus dem Ruder läuft.
Fazit: Zwangsstörungen sind keine Kleinigkeit und sollten immer ernst genommen werden! Versuche deinen Liebling je nach Temperament entsprechend zu fördern und zu fordern: Wer sich ausgetobt hat ist ausgeglichener!
Auch der Kopf muss beschäftigt werden, es gibt hierzu unterschiedlichste Möglichkeiten, such dir was aus, das euch beiden Spaß macht, denn auch solche Dinge müssen Routine werden.
Wenn du dann noch für gute Sozialkontakte sorgst und liebevoll mit deinem Vierbeiner umgehst, hast du gute Chancen, aus diesem Teufelskreis auch wieder rauszufinden.
Ein Punkt ist mir noch wichtig: Da eine genetische Veranlagung zu solchen zerstörerischen Verhaltensmuster vorliegt, gehören solche Tiere unbedingt aus der Zucht genommen! Sollte eigentlich selbstverständlich sein, ist es aber leider nicht immer!
Alles Liebe
Susanne